Trekkingziegen in Ausbildung

Unsere grossen und kleinen Abenteuer der letzten beiden Jahre in einem Video. Das meiste ist mit dem Handy gefilmt. Zeigt aber trotzdem ganz schön, was wir alles erlebt haben.

In den ersten Lebensmonaten trainiere ich mit den zwei Jungs vor allem eines: Die Beziehung. Oft sitze ich stundenlang bei ihnen, kraule sie, spiele mit ihnen.

Schon früh nehme ich die zwei Jungs überall hin mit. Sie kommen auf kleine Spaziergänge mit und lernen so die Welt kennen. Sobald sie ein bisschen zu neugierig werden, lernen sie an der Leine zu laufen. Wir machen auch bald die ersten Ausflüge mit ihnen. Autofahren ist bald kein Problem mehr und sie verstehen auch, dass es beim Wandern eben ums Laufen geht.

Als das Wetter im Herbst unangenehmer wird, beschränken wir die Spaziergänge auf kleinere Runden in der Umgebung des Stalles. Wie gross die zwei Buben schon geworden sind! Unterdessen kann ich auch Nina mitnehmen. Ich bin zwar stets der schlichtende Pol, aber alle drei sind unterdessen so gut erzogen, dass sie wissen, dass sie einander beim Spazierengehen nicht verhauen dürfen. Meistens klappt es. Das macht mich schon ein bisschen stolz.

Pfauenziegen haben ein ausgeprägtes Temperament. Nina hat es noch nie an Kampfwille gefehlt. Und die zwei Jungspunde lernen nun langsam, was es heisst, sich als Ziege zu behaupten. Zoro ist das Baby, er muss zuerst noch unten durch. Aber auch er wird seinen Platz finden. Bis dahin achten wir darauf, ihm genügend stressfreie Phasen im Tag zu bieten und mit ihm das Vertrauen aufzubauen, dass er in unserer Nähe sicher ist.

Langsam übe ich mit den beiden die ersten Tricks und damit spielerisch was es heisst “zu lernen”. Sie lernen meine Stimmkommandos deuten und verstehen wann es Belohnung gibt und wann nicht. Ich arbeite viel mit der Stimme. Mein Stimmlob benutze ich ähnlich wie den Klicker. Mit der Zeit wissen meine Ziegen genau, was ein “fein” bedeutet und brauchen nicht mehr immer Futterlob dafür.

Im zweiten Jahr sind die Jungs zu stattlichen Böcken herangewachsen und wir können können grössere Touren zusammen unternehmen. Unter anderem verbringen wir mehrere Tage im Jura oder gehen unsere Freunde in Adelboden besuchen. Nina, das Grosi, bleibt bei langen Touren lieber entspannt zu Hause.

Wollo und Zoro lernen zu ziehen, einen Packsattel zu tragen und nehmen im Herbst sogar mit zwei Ponys an einem kleinen Pferdemusical teil. Sie meistern alle Herausforderungen mit viel Neugierde und einer gehörigen Portion Witz.

Ziegentraining an einem Sommerabend

Training mit Zoro & Wollo an einem Sommerabend. Die beiden lernen u.a. auf Körpersprache zu weichen (persönlichen Raum respektieren – bei Ziegen sehr wichtig), Führübungen und Longieren, Gähnen auf Kommando, Küsschen geben, Fuss heben, Hinlegen, Sitzen, Spanischer Schritt, Steigen etc. Und natürlich viel Kuscheln. 🙂

Wollos Beinfraktur

Als ich die Ziegen abends füttern will, finde ich einen mit von Schreck geweiteten Augen, zitternden Wollo vor. Sein rechtes Vorderbein hängt leblos in der Luft. Als ich es abtaste ist schnell klar: Das Bein ist am Unterarm (über dem Karpalgelenk) komplett gebrochen. Wie Wollo das geschafft hat ist mir bis heute schleierhaft…

Die Diagnosin der Tierärztin ist klar: Ein solcher Bruch muss operiert werden. Wäre er unter dem Karpalgelenk gewesen, hätten wir das Bein mit einer Schiene vielleicht hingekriegt. Aber oberhalb kann man die Schiene zu wenig fix befestigen. Es muss eine Platte am Knochen befestigt und ein Gips gemacht werden. Dafür muss Wollo ins Tierspital…

Dass eine Ziege ein Bein bricht gibt es schon ab und zu mal. Dass sie die Chance auf eine Operation bekommt eher selten. Zumal so ein mehrwöchiger Aufenthalt im Tierspital ein Vielfaches einer Ziege kostet…

Für mich ist aber sofort klar, dass Wollo diese Chance bekommen soll. Es wird schon irgendwie gehen. Es muss.

Im Tierspital Bern wird Wollo sofort gut betreut und schon am nächsten Morgen vom Chef operiert. Ich warte mit einem flauen Gefühl im Bauch. Eine Vollnarkose ist immer ein Risiko für eine Ziege, weil die Pansentätigkeit eingeschränkt wird.

Nach ein paar Stunden kommt endlich der erlösende Anruf: Wollo hat die Operation gut überstanden. Beim Besuch kann ich ihn aus seuchetechnischen Gründen erst nur durch die Scheibe betrachten. Er erkennt meine Stimme trotzdem sofort. Und sein verlorener Blick und klägliches Meckern trifft mich direkt ins Herz.

Die ersten Tage trägt Wollo einen Gips, der später durch eine Schiene ersetzt wird. Er bleibt noch eineinhalb Wochen im Tierspital zur Kontrolle. Wann immer es geht, bringe ich ihm frische Blätter. Er fühlt sich in seinem Böxli nicht sehr wohl und fängt schon bald an, es mit seinen Hörnern zu bearbeiten. Ein Zeichen, dass er wieder zu Kräften kommt.

Mit seinem Charme hat er übrigens das Klinikpersonal schon bald um den Finger gewickelt. Jaja, er ist und bleibt ein Charmeur.

Als ich Wollo nach Hause hole, trägt er noch während zwei Wochen die Schiene, später ein Stüztverband und am Schluss darf er das Bein endlich wieder belasten.

Er hat stark abgenommen und will anfangs nicht so recht fressen. Zum Glück nützt die Spritze vom Tierarzt und er fängt wieder zu knabbern an. Damit entscheidet er sich für die Erholung.

Heute kann Wollo sein Bein wieder normal belasten. Er hat immer noch die Platte am Knochen. Die kann auch bleiben, sofern sie ihn nicht stört. Wenn er normal geht, sieht man kaum mehr etwas. Beim Laufen hüpft er oft ein bisschen, es wirkt aber nicht so, als ob er noch Schmerzen hat. Wenn ich ihn nun springen und toben sehe, bin ich einfach nur glücklich, dass er noch da ist.

Zum Etang de la Gruère

An einem verregneten Frühlingswochenende machen wir einen Ausflug zum Lac de Gruère im Jura. Ein rabenschwarzer Moorsee, den man umwandern kann. Eindrücklich ist das Wasser, das so überhaupt nicht preisgibt, was sich in seinen Tiefen verbirgt.

Der Étang de la Gruère ist ein gestauter Moorsee, der sich in einer Mulde auf dem Hochplateau der Freiberge im Kanton Jura befindet. Das Hochmoorgebiet steht unter Naturschutz.

Unsere beiden gehörnten Begleiter ziehen – wie immer – viel Aufmerksamkeit auf sich. Da sich viele Leute auf die Seeumrundung begeben haben, einige auch mit ihren Hunden, behalten wir die zwei Böckli mehrheitlich an der Leine. Sie machen das super und gewöhnen sich auch schnell dran, über Stege und Brücken zu träppelen.

Zum Abschluss des Ausfluges gibt es ein Kafi am Bielersee. Toll! 🙂

Die meisten Bilder sind von S.Marti, der Rest mit einer kleinen Kamera gemacht. 

Jungziegenausbildung

https://youtu.be/FLcT9q7dqv4

Langsam beginnen wir mit der Grundausbildung. Die Ziegen lernen mit ersten Tricks, wie positive Verstärkung funktioniert. Sie lernen Stimmkommandos interpretieren, beobachten und mitdenken.

Ich beginne mit Führtraining und zeige ihnen in Mini-Schrittchen, was eine treibende Hilfe ist. Für Ziegen ist es nämlich überhaupt nicht logisch, dass sie bei Berührung mit der Gerte vorwärts laufen sollen.

Eine wichtige Übung ist auch das Weichen der Vorder- und Hinterhand auf Körpersprache. Gerade letzteres ermöglicht es mir später im freien Spiel, sie zu mir heranzuholen. Sobald nämlich die Hinterhand von mir wegweicht, dreht sich der Kopf zu mir und ich kann sie “ansprechen”.

Damit die Ziegen nicht den Spass an der Arbeit verlieren, mache ich nur wenige Trainingseinheiten, gehe viel mit ihnen spazieren oder wir tollen alle zusammen auf der Weide herum. Die beiden Jungs sind sehr clever und haben vieles schon nach wenigen Wiederholungen verstanden.

Unser erster Sommer….

In ihrem ersten Sommer lassen wir Zoro und Wollo vor allem Zeit, ihre Beziehung zu uns Menschen zu entwickeln. Wir verbringen viele Stunden bei ihnen auf der Weide. Oft legen sie sich neben uns und lassen sich genüsslich kraulen. Diese erste Prägung ist unglaublich wichtig und erleichtert beim späteren Umgang mit ihnen viel. 

Ziegen sind nämlich von Haus aus nicht gerade Kuscheltiere. Im Gegenteil. Sie haben Hörner und benutzen diese auch gerne und häufig. Durch eine konsequente, liebevolle Erziehung können sie aber lernen, die Hörner nicht gegen Menschen einzusetzen. Dabei spiegeln sie unseren Umgang mit ihnen: Wenn wir sanft und geduldig mit ihnen umgehen, tun sie dies auch mit uns. Sind wir ungeduldig und grob, werden sie nicht zögern, uns auch den letzten Nerv zu rauben.

Wir unternehmen erste Spaziergänge. Wollo und Zoro lernen verladen zu werden und begleiten uns auf verschiedene Ausflüge, auf den See, in die Bergen etc. Hier begegnen sie Menschen, Hunden, Autos…

Das alles wird uns später auf Trekkings vieles erleichtern. Wir freuen uns auf das, was kommt.

Der kleine Wollige…

“Komm vorbei und nimm ein Gitzi-Bad.” Mit diesen Worten lädt mich eine befreundete Pfauenziegen-Züchterin Anfang Februar zu sich ein. Ziegen tragen fünf Monate und werden saisonal im Herbst bockig. Das heisst im Frühling ist Gitzi Zeit.

Ziegen bekommen ein bis zwei Zicklein. In seltenen Fällen auch Drillinge. Bei einer Herde von zwanzig Ziegen kann  schon mal rund dreissig Gitzi bedeuten. Was mit “Gitzi-Bad” gemeint ist, kann man sich also vorstellen.

Die schönsten weiblichen Tiere werden zur Zucht nachgezogen. Vielleicht auch ein / zwei Böcke. Die restlichen, die Böckchen und die Mischlinge landen an Ostern auf unseren Tellern. So ist das. Das ist die Realität und hat nichts mit Tierquälerei zu tun. Ohne Gitzi keine Milch. Und ohne Milch keinen Ziegenkäse. Und was sollte man tun, wenn sich eine Herde innerhalb von einem Monat mehr als verdoppelt?

Da sind sie nun also. All diese Ziegenkinder. Mein persönliches Paradies! Meine Freunde sind von meiner Idee ein Böckli als Packgeiss mitzunehmen begeistert. Die Ziegenkinder wegzugeben ist immer einer der schwierigsten Momente für einen Züchter und so darf wenigstens eines der Böckli weiterleben. Der Entscheid für den kleinen Wolligen fällt aus dem Bauch heraus. Einfach so. Weil mich die Mischung aus Pfauenziege und Walliser Schwarzhalsziege schon immer fasziniert hat. Und ich lange Haare mag. Ja. So ist das.

So schöppelen meine Freunde Wollo für mich auf und als wir ihn im April besuchen, ist er schon ein richtiger Pascha. Zutraulich, vorwitzig, wollig und einfach wahnsinnig sympathisch.

Mit drei Monaten hole ich ihn ab. Als hätte er nie etwas anderes gemacht, lässt er sich sein Gestältli anziehen, meckert fünf Minuten im Auto, legt sich dann hin und findet sich mit der neuen Situation ab. So ist er. Solange es Essen gibt, kann’s ja nicht so schlimm sein.

Mit drei Monaten ist er struppig, halb lang-, halb kurzhaarig, eine Ziege die aussieht wie zwei in einer. Und doch für mich von Anfang an wunderschön.

Zoros erste Lebenstage

Zoros Start ins Leben war von Leid geprägt. Zoros Mama – die grosse, starke Zora – hat bei seiner Geburt einen schlimmen Gebärmutterriss erlitten, weshalb wir sie schweren Herzens kurz nach den ersten Atemzügen des kleinen Zoros von ihren Schmerzen erlösen mussten. Dass Zoro diese Geburt und die folgenden Tagen überlebt hat, grenzt an ein Wunder. Zuerst will er nicht trinken, steht nur da auf seinen krummen Beinchen, den Blick noch in einer anderen Welt… Als die Hoffnung schon fast verloren ist, nimmt er endlich den ersten Schluck Milch. Und von da an ist er über den Berg. Er beginnt zu trinken wie wild. Mit jedem Schluck wird er lebendiger. Man kann ihm beinahe beim Wachsen zuschauen.

Die ersten Wochen ist er bei uns in der Wohnung. Er braucht alle paar Stunden sein Fläschchen. Nach dem Trinken springt er ein bisschen herum und schläft dann auch schon bald wieder ein. So ein Zicklein ist in den ersten Wochen einfach nur süss! Der Kleine folgt mir auf Schritt und Tritt – und das meistens nur hüpfend…

Doch auch für klein Zoro beginnt irgendwann das Leben als “normale” Ziege. Spätestens als er anfängt alles (und wenn ich sage alles, meine ich ALLES) in seiner Umgebung zu essen, auf Tischen und Betten herumhüpft und ständig rein pinkelt (Ziegen stubenrein zu bekommen ist leider so gut wie unmöglich…), muss er anfangen im Stall zu schlafen. Ganz alleine, ohne Menschenmama. Dafür bekommt er seinen neuen Kumpel Wollo.

Zoro kennt anfangs keine Angst. Er tollt ohne Bedenken mitten in die Hörner seiner Urgrossmutter. Und wer schon mal näher mit Ziegen zu tun hatte weiss, dass die nicht zimperlich sind. Da wird die Rangordnung geklärt. Egal wie süss der Kleine ist. So ist das dann auch. Irgendwann ist klar, dass Zoro sich hinten anstellen musste. Zumindest solange er noch klein ist. Zum Glück hat er ja immer noch seine Menschenmama, die es nicht lassen kann, ihn auch jetzt, wo er grösser ist, noch ordentlich zu bemuttern.